Schwerpunktheft WSI-Mitteilungen 1/2024
Wer die digitale Transformation mitgestalten will, darf sich nicht als einem übermächtigen Prozess ausgeliefert betrachten, sondern muss selbst die Machtfrage stellen. Die Beiträge fragen nach Ansatzpunkten für den Aufbau einer betrieblichen Gegenmacht und arbeiten Konzepte heraus, wie digitale Technologien sinnvoll und zum Wohle der Beschäftigten eingesetzt werden können.
Digitalisierung wird oft als ein unentrinnbarer Fortschrittsprozess wahrgenommen, bei dem es nur noch darum gehe, nicht den Anschluss zu verlieren. Die Komplexität der Technologien und das hohe Innovationstempo bringen die betrieblichen Interessenvertretungen an ihre Kapazitätsgrenzen. Ihr Anspruch, die digitale Zukunft mitzugestalten, droht ins Leere zu laufen.
Tatsächlich ist die Entwicklung widersprüchlicher und offener, als es auf den ersten Blick erscheint. Wer die digitale Transformation mitgestalten will, darf sich nicht als einem übermächtigen Prozess ausgeliefert betrachten, sondern muss selbst die Machtfrage stellen. Die Beiträge dieses Schwerpunktheftes rücken deshalb die betrieblichen Macht- und Herrschaftsverhältnisse in den Fokus. Sie analysieren an verschiedenen Beispielen die Formen, die Macht in der digitalen Transformation annehmen kann. Sie fragen nach Ressourcen und Ansatzpunkten für den Aufbau einer betrieblichen Gegenmacht und arbeiten Ideen und Konzepte heraus, wie digitale Technologien sinnvoll und zum Wohle der Beschäftigten eingesetzt werden können. Dabei geht es nicht zuletzt darum, wie die Beschäftigten durch den Einsatz digitaler Tools selbst eine Gegenmacht aufbauen können.
Damit der Aufbau von Gegenmacht gelingt, ist eine Vorstellung nötig, wohin die digitale Entwicklung gehen soll. Es gilt, den Blick für die Potenziale digitaler Transformation zu öffnen, die durch die künstlich erzeugten Hypes verdeckt werden. Aber Lösungen eröffnen sich nicht von selbst, sondern müssen erarbeitet und durchgesetzt werden.
Die gedruckte Fassung der WSI-Mitteilungen 1/2024 ist beim Nomos-Verlag erhältlich.
Editorial
Tobias Kämpf, Miriam Klöpper, Stefan Lücking:
Macht und Gegenmacht in der digitalen Transformation
Aufsätze
Pauline Schneider, Olaf Struck:
Digitale Technik und schwindende Machtressourcen in der Transportlogistik 4.0
Julia Bringmann, Benjamin Henry Petersen, Philipp Staab:
Vernetzte Klinik. Neue Spannungen und neue Allianzen
Sonja Köhne, Miriam Klöpper, Georg Von Richthofen, Hendrik Send:
Autonomer dank Algorithmen? People Analytics aus Perspektive der Selbstbestimmung
Tanja Carstensen, Kathrin Ganz:
Künstliche Intelligenz und Gender – eine Frage diskursiver (Gegen-)Macht?
Tobias Kämpf, Thomas Lühr:
Angestellte und Mitbestimmung in der digitalen Transformation. Zum Wandel der Arbeitsbeziehungen im Büro
Nele Dittmar:
Tarifpolitik zu Digitalisierung – Gestaltung von Machtrelationen in der Arbeitswelt
Philipp Frey, Felix Gnisa, Linda Nierling:
Demokratische Technikgestaltung in der Arbeitswelt. Visionäre Impulse aus Genossenschaften und industrieller Alternativbewegung für den digitalen Wandel
Aus der Praxis
Falko Blumenthal:
Digitale Betriebsratsgründung
Debatte
Johanna Wenckebach:
Arbeitszeiterfassung als Machtfrage der Digitalisierung