Für die Erfassung und Darstellung von Texten in nicht-lateinischen Schriften gibt es den internationalen Standard Unicode. Obwohl dieser Standard gerade für die exegetische Arbeit mit der Bibel viele Vorteile bietet, haben sich bei Bibelprogrammen und anderen Hilfsmitteln für die biblische Exegese noch lange Sonderlösungen gehalten. Während meiner Zeit an der Universität Münster habe ich nicht nur in meinen Seminaren auf die Vorteile von Unicode hingewiesen, sondern auch eine eigene Internetseite dazu eingerichtet.
Gen 1,1 in der Schriftart SBL BibLit
Inzwischen sind die Informationen, die ich damals gesammelt habe, restlos veraltet. Unicode hat sich so sehr durchgesetzt, dass wir es kaum noch merken. Die Argumente, die für Unicode und gegen die viel zu lange dominierenden proprietären Lösungen sprechen, gelten jedoch für jede Form offener, herstellerunabhängiger Standards.
Warum Unicode?
- Kompatibilität: Unicode erleichtert den Austausch von Daten zwischen verschiedenen Programmen und Plattformen.
- Konsistenz: Durch Unicode lassen sich hebräische und griechische Texte eindeutig identifizieren und als solche nutzen.
- Erweiterbarkeit: Viele andere Standards wie OpenType, HTML, XML, OpenDocument und Microsofts Office OpenXML bauen auf Unicode auf.
- Nachhaltigkeit: Unicode ist zukunftssicher. Wer Dokumente langfristig archivieren will, muss auf Standards wie Unicode setzen.
Kompatibilität
Als internationaler Standard ermöglicht Unicode den problemlosen Austausch von mehrsprachigen Texten zwischen verschiedenen Betriebssystemen und Anwendungen. Ob Windows, Mac oder Linux – hebräische, griechische syrische und andere Texte lassen sich dank Unicode inzwischen problemlos austauschen.
Unicode-Texte können auch dann richtig gelesen werden, wenn man nicht über die gleiche Schriftart verfügt, in der das Dokument ursprünglich gespeichert wurde. Das Design des Textes ist dann zwar nicht mehr das gleiche, aber hebräischer und griechischer Text ist dennoch korrekt lesbar. Vorbei sind die Zeiten, wo ich für Texte, die ich von Kollegen zugeschickt bekomme, erst einmal die passende Schriftart installieren musste.
Inzwischen ist Unicode so weit verbreitet, dass jedes aktuelle Betriebssystem, jeder Internet-Browser, jedes E-Mail-Programm und fast alle Textverarbeitungsprogramme mit Unicode umgehen können.
Konsistenz
In Unicode erhält jedes Schriftzeichen – gleich welcher Schrifttradition – eine eindeutige Kodierung. Einen in Unicode gesetzten Text kann die Textverarbeitung deshalb eindeutig identifizieren und entsprechend behandeln. So kann sie bei hebräischen oder arabischen Texten automatisch die Schreibrichtung wechseln. Sie kann das passende Wörterbuch für die Rechtschreibprüfung auswählen oder – wenn es nicht vorhanden ist – zumindest die deutsche Rechtschreibprüfung ausschalten.
Nicht in Unicode gesetzte griechische oder hebräische Texte erscheinen programmintern dagegen nur als Zeichensalat und können deshalb Probleme verursachen.
Erweiterbarkeit
Viele andere moderne Standards bauen auf Unicode auf:
- Ein großer Teil der Kommunikation im Internet läuft inzwischen über Unicode. Sowohl HTML ab Version 4.0 als auch XML ab Version 1.0 bauen auf Unicode auf.
- Das OpenType-Format bietet eine bessere Handhabung von Schriftarten. Neben typographischen Feinheiten wie Ligaturen und echten Kapitälchen enthält es auch Informationen darüber, wie Akzente und Punktierungen richtig positioniert werden.
- Auch die neuen auf XML basierenden Dateiformate für Office-Anwendungen (OpenDocument und Microsofts Office Open XML) setzen auf Unicode auf.
Nachhaltigkeit
Unicode gehört die Zukunft. Immer mehr Programme setzen auf Unicode. Und als internationale Norm ISO/IEC 10646 ist Unicode unabhängig vom Schicksal eines einzelnen Herstellers. Deshalb werden in Unicode gesetzte Texte auch in vielen Jahren noch lesbar sein.
Es mag zwar immer noch Programme geben, die Probleme mit Unicode haben. Aber in wenigen Jahren wird es wahrscheinlich schon umgekehrt sein. Dann werden die ersten Programme auf Konvertierungsroutinen für die alten 8-bit-Zeichensätze verzichten.
Sonderschriften wie die von BibleWorks sind für Internetseiten schon jetzt ungeeignet, weil man nicht voraussetzen kann, dass jeder sie installiert hat. Unicode-Texte dagegen werden vom Browser richtig angezeigt – unabhängig davon, welche Schriftart installiert ist.
Download
Weblinks
- Greek Font Society: Diese gemeinnützige Organisation zur Erforschung der griechischen Typographie stellt auch kostenlose griechische Schriftarten zur Verfügung.
- Libertine Open Fonts Project: Die Linux Libertine ist eine frei verfügbare multilinguale Schriftart mit hebräischen und griechischen Zeichensätzen von Philipp H. Poll.
- Open Siddur Project: Hinweise auf frei verfügbare hebräische Schriftarten mit Punktierung und Kantillation.
- SBL Biblical Fonts: Schriftarten für Hebräisch, Griechisch und Transliteration von der Society of Biblical Literature.
- SIL Font Downloads: Schriftarten für Hebräisch, Griechisch, Äthiopisch, Koptisch und andere Schriftsysteme von der Missionsgesellschaft SIL International.